Wandern in Spanien: Unterwegs in den Picos de Europa - Bergwelten (2024)

Reise

Reise•20. April 2020
4 Min. Lesezeit

Der Nationalpark Picos de Europa in Nordspanien vereint auf einer Fläche von 640 Quadratkilometern unberührte Natur, tiefgrüne Wälder und mehr als zweihundert Gipfel über 2.000 Meter. Franz Michael Rohm hat das Wanderparadies erkundet.

Bericht: Franz Michael Rohm

„Wow, das ist wirklich ein steiler Zahn“, staunt Franz aus Oberösterreich. Der Endsechziger war schon auf Tour im Himalaya und in den Anden, die Alpen kennt er wie seine Westentasche. Doch der Blick vom Plateau vor dem Gipfel des Horcados Rojo auf das Massiv des Pico Urriello lässt ihn ins Schwärmen geraten. Wie ein einzelner Zahn ragt der bekannteste Berg der Picos de Europa aus dem karstigen Fels, mehr als fünfhundert Meter geht es senkrecht nach oben, respektive nach unten. Der Urriellu ist etwas für Extrembergsteiger. Die meisten Bergwanderer begnügen sich nach weiteren steilen 150 Höhenmetern mit dem Gipfel des Horcados Rojo, der seinen Namen den rötlichen Eisenmineralien in dem Kalkstein verdankt.

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Wandern in Spanien: Unterwegs in den Picos de Europa - Bergwelten (1)

Foto: Franz Michael Rohm

Begonnen hatte die Tour in Santander, Hauptstadt der autonomen Region Kantabrien. Nach einem Badestopp am Meer geht es am nächsten Tag von der Küste in die keine zehn Kilometer entfernten Berge, hoch nach Potes, einem pittoresken Bergdorf im Nationalpark. Da es in der Region so gut wie keinen öffentlichen Nahverkehr gibt, sind Individual-Wanderer auf einen eigenen Pkw angewiesen. Bei Gruppenreisen sind die Transfers und zumeist auch Gepäcktransporte zum nächten Übernachtungsort inkludiert.

Wir machen uns von Potes zur Seilbahnstation Funte De auf. Auf rund 1.800 Metern Höhe fährt die Bahn, danach stehen rund zweieinhalb schweißtreibende Stunden Fußmarsch an. Belohnt werden Wanderer durch die Szenerie einer atemberaubend karsten Mondlandschaft. Traversen und Anstiege führen durch felsige, von schroffen Gipfeln umstandene Täler. Es heißt, die Picos de Europa hätten ihren Namen von heimkehrenden Seefahrern, die schon weit draußen auf dem Atlantik die ersten Gipfel Europas erblicken konnten.

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Die ersten Gipfel Europas

Am nächsten Tag geht es durch hüfthohe Adlerfarn-Matten auf rund 1.500 Höhenmetern von Tielve nach Bulnes und dann mehr als 800 Meter hinab nach Poncebos. Hier verströmen Steineichen würzige Aromen, Bergulmen wiegen sich im Wind, ebenso mattgrüne Buchen und Eschen. Hoch oben kreisen Bartgeier. Von den Hängen hallt das Gebimmel der Glocken am Hals von Kühen, Ziegen und Schafen.

Poncebos liegt am Ausgang der Cares-Schlucht. Ein alter Arbeitsweg neben einem Wasserkanal, der zu einem Wasserkrartwerk führt, dient am nächsten Tag als Pfad durch eine grandiose Landschaft mit steilen Abgründen. Schwindelfreiheit ist für diese Wanderung Pflicht.

Nach 13 Kilometern erreicht man den kleinen Ort Caín, in dem zahlreiche Gasthäuser stärkende Gerichte und unterarmlange Bocadillos, köstlich belegte Weißbrote, anbieten. Kulinarische Spezialität der Region ist der Schimmelkäse Cabrales. Dessen Herstellung kann man unter anderem in Sotres kennenlernen, einem kleinen Gebirgsort, der bis Winteranfang überwiegend von Wandertouristen lebt. Danach macht Schnee je nach Wetterlage bis Mitte März das Wandern unmöglich.

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Höhlen-Käse aus den Bergen

Javir Díaz Bada produziert in einem käselaibrunden Gebäude die Schimmelkäse der geschützten Marke Cabrales. Diese reifen nur in dieser Region nach strengen Vorgaben in Höhlen. Je nach Qualitätsstufe vier oder zehn Monate verbringen die 2,5 Kilo schweren Laibe in den konstant etwa acht Grad kühlen, feuchten Höhlen, teilweise zwei Wegstunden von Sotres in den Bergen gelegen.

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Foto: Franz Michael Rohm

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Wöchentlich werden sie gereinigt und gewendet. Zu einigen Höhlen in mehr als 1.500 Metern Höhe kann Javier die Käse nur per Maulesel und per Tragegestell auf dem Rücken bringen. Das Resultat des aufwändigen Herstellungsprozesses ist eine cremig-herzhafte Spezialität, zu der es Weißbrot und Apfelgelee gibt. Als Getränk wird der spektakulär in hohem Bogen in breite Gläser gegossene Apfelwein Sidra gereicht.
In den Hotels und Wanderherbergen der Region wird abends in der Regel ein abwechslungsreiches Menü für Wanderer serviert: Fisch und Meeresfrüchte vom nahen Atlantik stehen ebenso auf der Karte wie deftige Schmorgerichte von Rind, Schwein und Wild. Die Nachspeisen sind gehaltvoll, schließlich geht es am nächsten Morgen wieder auf Tour.

Touristisches Epizentrum der Picos ist der Ort Covadonga. Hier fand 722 eine Schlacht zwischen den Truppen Don Pelayos und muslimischen Soldaten statt, die als Beginn der Reconquista gilt. Der Sieg soll durch eine Marienerscheinung vorhergesagt worden sein. Bis heute wird der Jungfrau von Covadonga in einer Felshöhle gehuldigt. Hunderte Spanier besuchen täglich dieses Nationalheiligtum und die ihr gewidmete Basilika.

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Foto: Franz Michael Rohm

Nicht weit von Covadonga, mehr als tausend Höhenmeter über dem Wallfahrstort, liegen die beiden Bergseen Lago de Enol und Lago de Encina, in deren Oberfläche sich die Gipfel der Picos spiegeln. Ein zauberhafter Rundweg über von Kuhherden kurz gehaltene Wiesen führt zu einem Aussichtsplatz, von dem aus man bei schönem Wetter die Küste sehen kann. Dort am Meer enden die meisten Touren durch die wunderschöne Bergwelt der Picos de Europa.

Infos und Adressen: Wandern in den Picos de Europa, Spanien

Anreise: Per Flugzeug bis Santander, von dort weiter per Mietwagen.

Beste Reisezeit: Ende Mai bis Ende September. Durch die Nähe zum Meer regnet es mehr als im Rest Spaniens, deshalb heißt die Region auch „España verde“, das grüne Spanien.

Übernachten:

  • Santander: NH-Hotel, zentral gelegen, DZ ab 60 Euro.
  • Ojedo/Potes, Hotel Infantado, Dreisternehaus mit gutem Restaurant und Swimmingpool, DZ ab 55 Euro.
  • Sotres: Hotel Restaurante Sotres, einfaches Hotel in den Bergen, eigenes Restaurant, ideal für Wanderer, DZ ab 45 Euro.
  • Arenas de Cabrales: Hotel Picos de Europa, Dreisternehaus mit sehr gutem Restaurant und Swimmingpool, DZ ab 65 Euro.

Essen: Santander: Sandoñana, gut und preiswert, frische Tapas, preiswerte Tagesgerichte um sechs Euro.

Cabrales-Käse: Bei der Cabrales-Produktion zusehen und probieren kann man zum Beispiel in der Queseria Main, Sotres. Infos über weitere Käsereien mit Verkostung finden sich im Internet unter www.saboreandoasturias.es.

Die Reise wurde unterstützt von Mitoura.

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